Geheiratet wird überall auf der Welt. Allerdings läuft es in jedem Land ein wenig anders ab, länderspezifische Traditionen und Riten machen jede Hochzeit zu einem Unikum und einem ganz besonderen, anrührenden Erlebnis.
Wie wir im ersten Teil berichtet haben, werden in der Türkei Hochzeiten, anders als beispielsweise in Deutschland, als große Zeremonien über Tage hinweg gefeiert.
Im zweiten Teil von „Hochzeitszeremonie in der Türkei“ schildern wir weitere Besonderheiten einer traditionellen türkischen Trauung.
Heiratsfähiges Alter
Traditionell gilt, dass die jungen Mädchen und Jungen ein gewisses Alter erreicht haben müssen, um überhaupt heiraten zu dürfen.
Früher galt der Beginn der Pubertät als Markierung des heiratsfähigen Alters. Mit der Pubertät verändern sich nicht nur Körper und Geist, sondern – laut türkischer Tradition – auch das Ansehen eines Menschen innerhalb der Gesellschaft.
Die Jungen und Mädchen erhalten eine veränderte soziale Stellung, sie nehmen aktiver am sozialen, kulturellen und ökonomischen Leben teil und werden damit zu einem vollwertigen Glied innerhalb der Gesellschaft.
Dadurch markiert die Pubertät den Beginn des heiratsfähigen Alters. In ländlichen Regionen ist dieser Gedankengang nach wie vor weit verbreitet.
In den Städten hingegen ist man inzwischen der Meinung, dass junge Menschen nicht vor Abschluss der schulischen Laufbahn heiraten sollten.
Hier wurden Tradition und Brauchtum zurückgedrängt, zudem sieht der städtische Alltag anders aus. Man weiß um die schwierigen ökonomischen Bedingungen Bescheid und ist sich bewusst, wie wichtig Schule und Ausbildung für ein erfolgreiches Leben sind.
Hochzeitshierarchie
Egal ob in Stadt oder Land, in traditionsverhafteten Familien gilt nach wie vor eine hierarchische Eheschließung. So heiratet in einer Familie das älteste Kind zuerst, alle anderen Folgen nach.
Wobei auch hier gilt, dass diese Regelung in den Städten immer mehr an Bedeutung verliert, wohingegen man in ländlichen Abschnitten noch sehr viel mehr daran fest hält.
Hingegen hat sich die geschlechtsspezifische Rollenverteilung im Lauf der Jahre kaum verändert. Den Männern wird traditionell die größere, aktivere soziale Rolle zugeschrieben, was sich auf die Eheschließung auswirkt. Der aktive Part und somit die Schritte, welche in einer Heirat resultieren, werden demnach mehr vom Mann erwartet, als von der Frau.
Abholen der Braut
Hat man die Brautschau erfolgreich beendet und den Segen zur Hochzeit vom Brautvater erhalten, geht es an die eigentliche Hochzeitsfeier.
Im Rahmen dieser Feierlichkeiten wird die Braut dabei aus ihrem Zuhause abgeholt und zum Haus des Bräutigams gebracht. Dieses Abholen der Braut ist wesentlicher Bestandteil der Feierlichkeiten und von großen Emotionen begleitet.
Vor allem für die Mutter der Braut ist dies ein trauriger und rührender Augenblick. Denn mit diesem Schritt verlässt die Tochter endgültig ihr Heim und startet in eine hoffentlich erfüllte und schöne Zukunft – abseits des Elternhauses.
Daher heißt es für die Mutter der Braut an diesem Tag Abschied nehmen.
Der Hochzeitszug zum Abholen der Braut geht dabei meist zu Fuß – wenn es die Entfernung erlaubt – zum Haus der Braut. Der Zug ist von vielen Bräuchen und Riten umgeben.
So ist es in einigen Regionen Usus, solch einen Hochzeitszug am Weitergehen zu hindern. Erst wenn für das Fortkommen des Zuges ein Obolus entrichtet wurde, kann der Trupp seinen Weg zum Haus der Braut fortsetzen.
Auch für das Eintreten ins Haus der Braut wird Geld verlangt.
Während die Braut nun feierlich in Empfang genommen wird, setzt sich das jüngste Familienmitglied auf die Truhe mit der Aussteuer. Auch hier muss die Truhe gegen einen kleinen Geldbetrag freigekauft werden und kann anschließend entgegengenommen werden.
Während der Bräutigam die Braut aus dem Haus führt, werden Weizenkörner und Konfetti in die Luft gestreut. Nun geht es im Auto in Richtung Haus des künftigen Ehemannes.
Bevor die Braut allerdings im Auto Platz nimmt, wird noch ein Tonkrug zerbrochen. Die Scherben sollen das neue Leben und den neuen Anfang für heilig erklären.